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lassen, wie wir solche noch bei Hopfgarten und Nieoerzimmern sehen. Ein Wächter, der baneben in einem kleinen Häuschen wohnte, hielt von der Plattform des Turmes Umschau und melbete burrf) Anzünben von Reisigbünbeln die brohenbe Gefahr. Die Bauern hatten dann Zeit genug, sich zu bewaffnen und zur Gegenwehr anzuschicken, währenb ein Eilbote von der Stadt Hilse erbat.
Gründung der Universität: Von ihrem Reichtum machte
die Stadt auch anberweit guten Gebrauch. So gründete der Rat ans eigenen Mitteln 1392 die Universität, die fünfte in Deutsch lanb. Sie erfreute sich balb unter den Stubenten wegen der Tüchtigkeit ihrer Lehrer eines hohen Rufes. Luther, wohl der berühmteste ihrer Schüler, bezeichnete die übrigen Universitäten im Vergleich mit ihr als Schützenschulen. Zu seiner Zeit hatte die Erfurter Hochschule ihren höchsten Ruhm. — Von ihr ging b am als der Schlag aus, der die scholastische Wissenschaft') vernichtete; beim die „epistolae virorum obscurorum“, jene Satiren, die ihr den Tobesstoß versetzten und die 1515 ohne Nennung des Verfassers und des Druckortes erschienen, haben sicher den Ersurter Gelehrten Crotus Rubianus zum Verfasser. Auch gebührt der Erfurter Universität der Ruhm, die erste gewesen zu sein, welche der humanistischen Wissenschaft?) im Hochschulbetriebe zum Siege verhelfen hat. — Doch schon balb erblich der Glanz der Hochschule. Vor mehr als 100 Jahren führte sie bis zu ihrer Aufhebung im Jahre 1816 nur noch ein kümmerliches Dasein. — Ein Bilb im Rathaussaal erinnert an die Blütezeit der Hochschule. Der Künstler hat die vier bebeutenbsten Männer derselben gewählt und sie auf feinem Bilbe verewigt: Luther, der Gottesgelehrte, Amplonins, der Heil funbige, Henning Goebe, der Rechtsgelehrte und Eoban Hesse, der Weltweise, vertreten die vier Fakultäten (Hauptabteilungen einer Hochschule) und hulbigen der Universität (Gesamtheit der Wissenschaften), die als sttzenbe Frauengestalt bar gestellt ist (Luther- u. Amploniusstraße). Sonst erinnern an die Universität nur noch einige der Stätten, an benen früher unterrichtet wurde, z. B. das Hauptgebäube, das große Collegium (Michaelisstraße 39).
Mittelalterliche Bauart (Gotik): Auch die Bürger ver-
wcinbten ihren Reichtum in nützlicher Weise. Herrliche Bauten entstauben bamals und führten eine bebeutcnbe Verschönerung der Stadt in ihrem Aeußeren herbei. Hatte man sich vorher fast burch-weg auf die einfachsten Holzhäuser beschränkt (s. Erfurt im 14. Jahrfmnbert usw., Nr. 31), so wurde das nun anders. Große Anlagen würden geschaffen: nach der Straße zu erhob sich ein mächtiges Vorbergebäube, an das sich beiberseits lange Seitengebäube anschlossen, die durch ein ansehnliches Hintergebäube verbunden waren. Die ganze Gebäubeanlage schloß einen länglichen Hof ein.
!) Scholastik — streng wissenschaftliche Gottesgelebrtheit des Mittelalters. 2) Humanismus - - Pflege des altklassischen Schrifttums.
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Zum Andenken wurden die Köpfe der Unglücklichen oben am Gesims der Kirche in Stein ausgehauen und ein Zeichen daneben angebracht. Es sind auch wirklich oben am östlichen Teile des Kirchenschiffes vier Köpfe zu sehen. Neben dem einen ist eine Schere, neben dem zweiten ein Messer und neben dem dritten ein Schäferstab (?) angebracht, der vierte hat kein Zeichen.
Auch an dieser Stätte können wir wie auf unserm Petersberge ein Heiligtum des Donar vermuten, denn in dem Manne im roten Kleide auf dem mit Böcken bespannten Wagen ist Donar unverkennbar gezeichnet. (Nach Dr. Zschiesche.)
5. 'Was die Geschichte von den alten Uhüringern weih. (Geschichte Chüringens bis zum Ucihre 1000.)
Besiedlung Thüringens und Deutung des Namens:
Mehrere Jahrhunderte v. Chr. war Thüringen von Germanen, vielleicht von Hermunduren bewohnt, deren Reich sich von der Donau bis zum Harz erstreckte. Ihr Narrte wird aber erst zu Beginn unserer Zeitrechnung erwähnt. Sie waren ein kriegerisches Volk und standen mit den ihnen befreundeten Römern in lebhaftem Handelsverkehr. Das Wort Hermunduren bedeutet, wie allgemein angenommen wird, Groß- oder Gefamt-Thnren. Zum letztenmale werden sie gegen Ende des 2. Jahrhunderts u. Chr. erwähnt. Dann schweigt die Geschichte von ihnen zwei Jahrhunderte hindurch. Die Römer, die damaligen Geschichtsschreiber, hatten mit sich selbst zu schassen, und unser Volk machte noch keine Aufzeichnungen. Erst um 400 tritt wieder ein Name auf, der mit dem der Hermunduren wohl verwandt ist, der Narrte „Thüringer". Sie werden als treffliche Pferdezüchter gerühmt. 50 Jahre später zählt man die Thüringer mit bei den Heerhaufen aus, die dem Hunueuköuige Attila Heeresfolge leisteten. Von da ab begegnet man dem Namen häufiger.
Der Name Thüringer umfaßt nicht einen einzigen Volksstamm, sondern ein Volk, das aus der Verschmelzung mehrerer Stämme hervorgegangen ist. Der Titel eines alten Volksrechtes „Gesetz der Angeln und Weriner, das ist der Thüringer" beweist aufs bestimmteste, daß sie ein Mischvolk sind. Beide, Angeln und Warnen, sind aus Norden, aus Jütland und Schleswig-Holstein, nach Thüringen gezogen (vgl. Was die Sage usw., Nr. 3) und sind dort Nachbarn der Hermunduren geworden. Mit ihnen verschmolzen, bildeten sie das neue Volk der Thüringer.
Diesen Standpunkt vertritt ein Teil der Geschichtsforscher. Andere aber sagen, nicht die Hermunduren haben einst Thüringen bewohnt, sondern die Cherusker. Nach ihnen sollen die Hermunduren niemals über die Saale ostwärts oder über den Main nordwärts vorgedrungen sein. Aber auch sie nehmen ein Vor-
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dringen der Angeln aus Norden an. Diese besetzten die Landstriche an der unteren Saale, der Unstrut und ihren Nebenflüssen und die Umgegend von Gotha. Sie unterwarfen die eingesessenen Cherusker und gründeten zwischen der einheimischen Bevölkerung eine große Menge neuer Dörfer und Höfe, die jetzt noch an der Namensendung „leben" kenntlich sind. Sie wird am besten mit „Erbe" erklärt, und die Vorsilbe bezeichnet den Gründer. In den anglischeu Dorfherren kann man die Vorfahren des zahlreichen thüringischen Adels vermuten.
Anderweite Deutung: Woher aber stammt dann der Name Thüringer? Nun die Angeln brachten die Stammsilbe Thor, die bei ihnen auch gleichbedeutend mit Donar ist, aus ihrer alten Heimat mit und nannten sich in ihren neuen Wohnsitzen Thoringe = Thüringer. Da die Silbe „ing" ein Hervorgehen, eine Abstammung vom Vorhergehenden bezeichnet, so bedeutet Thüringer „Söhne Thors", welche Benennung durch eine mit den Cheruskern auf Thors Heiligtum beschworene Eidgenossenschaft erklärt werden könnte.
Grenzen Thüringens: Das Land, das unsere Altvorderen bewohnten, erstreckte sich weit von Norden nach Süden. Hier reichte es bis an die Donau, während es im Osten von der Saale und Elbe begrenzt wurde. Nach Norden schloß es noch die Altmark in sich, und im Nordwesten reichte es bis zur Oker. Im Südwesten aber bildete, wenn auch nicht haarscharf, die Werra dl" Grenze zwischen Altthüringen und Hessen.
Das Königreich Thüringen: Der Völkerbund der Thüringer, der diesen schmalen, aber sehr langen Gebietsstreisen bewohnte, hatte viele und schwere Kämpfe mit den Grenznachbarn zu bestehen, zumal mit den nördlich wohnenden Sachsen (vergl. Was die Sage usw., Nr. 3). Darum entwickelte sich bei den Thüringern gar bald eine staatliche Ordnung. Es bildete sich das Königreich Thüringen, an dessen Spitze ein Kriegskönig stand, erwählt aus der Schar der Tapfersten. Die Namen der ersten Könige und ihre Taten sind uns aber nicht geschichtlich beglaubigt. Nur die Sage kennt sie und erzählt der Wundermären viel. Bestimmt wissen wir, daß in der zweiten Hälste des 5. Jahrhunderts König Bisinus über Thüringen herrschte. Er hatte seinen Königssitz in der Burg Scidiugi an der unteren Unstrut, dem heutigen Burgscheidungen. Bisinus starb ums Jahr 500 und hinterließ drei Söhne: Jrminsrid, Berthar und Baderich. Baderich erhielt Südthüringen, etwa das jetzige Königreich Bayern bis zur Donau. Berthar bekam den mittleren Teil, den wir jetzt noch als Thüringen bezeichnen. Er soll zu Vargula und Hersridesleba (Herbsleben) residiert haben. Jrminsrid erbte Nordthüringen, das Stück von der Unstrut bis zum Harz und darüber hinaus, und nahm seine Wohnung auf der väterlichen Burg Scidiugi.
^ Damals bestand die Sitte, daß bei der Erbteilung der älteste Sohn bevorzugt wurde. Er erbte nicht nur ein größeres Stück
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an der Leite trug, ein vertrauter Knecht. Oben auf der Burg aber wartete ihm ein Edelknabe auf.
Der Schloßgast streifte zur Erholung am liebsten durch deu herrlichen Sommerwald und versuchte selbst, ein Weidmann zu werden. Doch er konnte der Jagd keinen Geschmack abgewinnen. Die armen, gehetzten Tiere taten ihm leid, und als die Hunde ein mal ein Junghäslein, das der Junker vor dem Tode gerettet und in seinem Mantel geborgen hatte, aufstöberten und zerrissen, warf er die Armbrust für immer fort. Viel lieber lauschte er den vielen Vogelstimmen des Waldes, erfreute er sein Auge an der Blumen Pracht des Sommers und an der herrlichen Aussicht von der Höhe der Burg. Als die verräterische Tonsur (geschorene Stelle aus dem Scheitel» von Haaren verdeckt war, ritt er, um sich Bewegung zu machen, zu Tal bis Gotha und Reinhardsbrunn, ia sogar bis nach Ersurt ist er von der Wartburg gekommen. Der Knecht, der ihn begleitete, hatte aber von dem Schloßhauptmann für diese weiten Ritte besondere Weisungen erhalten. Wenu der Ritter einmal mit den Leuten ein eifriges Zwiegespräch hielt, wenn er sich gar als Mönch oder Gottesmann zeigen wollte oder ein Buch aus der Tasche zog, führte der Knecht schleunigst das Pferd vor, und Luther folgte dem verständlichen Winke.
In Erfurt: Also soll es einmal zu Erfurt in der „hohen
Lilie" geschehen sein. Als da über der Mahlzeit Luthers gedacht wurde, fragte er: „Was hat denn Luther alles gesagt und ge-
tan?" Darüber kam es zu einer scharfen Auseinandersetzung. Der Knecht aber ries ihn alsbald von der Tafel ab und erinnerte ihn, daß er sich nicht verraten, sondern bald sortreiten möchte, welchem Rat er auch folgte.
Bibelübersetzung: Die meiste Zeit des Tages faß Luther
aber auf dem Drehstuhle vor dem Schreibtisch. Er hatte ein schwieriges Werk begonnen, die Uebersetznng des Neuen Testamentes aus dem griechischen Urtext. In drei Monaten seines Ansenthaltes vollendete er das gewaltige Werk. Im September 1522 waren 5000 Stück gedruckt und trotz des hohen Preises von iy2 Gulden innerhalb derselben Zeit verkauft.
Rückkehr: Am 1. März 1522 verließ er die gastliche Wart-
burg und traf am 6. März in Wittenberg ein. Hoch zu Roß und ohne alle Heimlichkeit hielt er allda seinen Einzug.
(Nach Joh. Dose.)
41. Die Einführung der Reformation in Erfurt.
Verkündigung der Bannbulle in Erfurt: Luthers Thesen
wurden am 11. November 1517 in Erfurt bekannt. Nun galt es auch hier, sich für oder gegen sie zu entscheiden. Luther selbst war viel daran gelegen, die Professoren der berühmten Universität auf seiner Seite zu haben. Doch sein Wunsch erfüllte sich
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Extrahierte Personennamen: Schloßhauptmann Bibelübersetzung Rückkehr März
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toeibe Uniform, eine aufgewichste Frisur und langen Zopf, läßt sich die Rockschöße nachtragen, nimmt sich aber witzig aus, wie ein Kreuzphilister. Nun der Württemberger. Die Uniform muß auf dem schmalen Stuhle hin und her balancieren, um das Gleiche-gewicht zu behalten. Sieh, das böse Publikum erbebt ob des Schmerbauchs ein lautes, verhöhnendes Gelächter. Der Bayernkönig tritt auf mit heiterem, echt deutschem Gesichtsausdruck und einem preußischen Anstande. Inzwischen war Jerome mit seiner Königin in die große Loge getreten, weil er, wie man sagt, wegen Rangstreitigkeiten nicht unten sitzen wollte. Von allen Kaisern und Königen, die dort versammelt waren, selbst den allmächtigen nicht ausgenommen, hat Jerome den schönsten Gesichtsausdruck, feine Züge, geistreiche Augen, nur krank sieht er aus, zum Erbarmen! Die Königin hat etwas durchaus Unschickliches. Alle diese waren schnell hintereinander gekommen, nun erfolgte eine ziemliche Pause. Stärker als zuvor erhallten jetzt die Trommelschläge. Beide Kaiser erschienen zugleich. Alexander geht voran, Napoleon dicht hinterher und hatte als der Letztkommende den Rang. Dafür ließ er Alexander zur Rechten sitzen. Aller Augen waren auf ihn gerichtet, und Alexander ward schier vergessen. Beide Kaiser waren äußerst einfach gekleidet; es schien, als solle der Glanz, der sie umgab, ihnen als Hintergrund dienen. Alexander trug eine schlichte, dunkelgrüne Uniform mit silbernen Achselbändern und das rote Band der Ehrenlegion. Napoleon trug gleichfalls eine dunkelgrüne Uniform mit roten Auflagen, ohne alle Verzierung, goldene Oberstenachselstücke, das russische blaue Band, ganz einfach weißes Unterzeug, weiße, seidene Strümpfe und Schuhe mit kleinen gelben Schnallen, einen rauhen, dreieckigen Hut ohne Kordons (Schnüre) und mit einer Kokarde von der Größe eines Dreigroschenstückes. Er hat einen ganz besonders zierlichen Fuß und eine schöne Hand. Sonst scheint er mir nicht schön gebaut. Der Rumpf ist im Vergleich zum Unterteil viel zu stark. Der Kops steckt in den Schultern; es ist kein rechtes Verhältnis im ganzen. Einen Bauch hat er jedoch nicht. Die Haare sind schwarz; die Gesichtsfarbe ganz italienisch, die Form des Kopfes nicht ohne Anmut. Die Züge sind gerade nicht antik (altrömisch), lassen sich aber, der Aehnlichkeit unbeschadet, bis zur Antike erheben. Die Augen liegen sehr tief, und Blick und Farbe sieht man gar nicht. Das Kinn ist sehr hervorstehend, und die Fläche der Backe von der Nase bis zum Ohr so groß, wie ich sie noch bei keinem Menschen gesehen habe. Eben darum hat die Seitenansicht trotz der gebogenen Nase etwas Glattes. Sein Aeußeres flößt keine Ehrfurcht ein, aber es ist Anmut und ein sehr ruhiger Anstand darin, und seine sparsamen Handbewegungen sind gleichfalls voller An> mul Sobald er sich setzte, begann die Musik; er sah sich einmal ganz langsam nach den Logen um, dann hob sich der Vorhang, die Vorstellung, der er mit der gespanntesten Aufmerksamkeit zu fol-
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Extrahierte Personennamen: Alexander Alexander Napoleon Alexander Alexander Alexander Alexander Alexander Alexander Napoleon
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Das Unionsparlament wurde am 20. März 1850 in der alten, baufälligen Augustinerkirche, die man im schnellsten Bau zu einem Parlamentsgebäude umgewandelt hatte, unter Radowitz' Leitung eröffnet. Im Chor tagte das Slaateuhaus, die Vertreter der Regierungen, und im Schiff das Volksbaus, die vom Volke gewählten Abgeordneten. Am 26. März feierte General v. Radowitz, preußischer Minister und Freund des Königs, mit seiner Rede, durch welche er dem Volkshause Ausschluß über die Absichten der Regierung gab, einen wahren Triumph feiner Beredsamkeit. Satz für Satz des Vortrages war von dem lauten Beifall der Abgeordneten begleitet.
Leider hatten die Beratungen keinen Erfolg. Oesterreich brachte fast alle Staaten auf seine Seite und berief schon im Mai 1850 von neuem den Bundestag nach Frankfurt a. M. Preußen mußte auf seine Unionsbestrebungen verzichten und sich vor Oesterreich beugen (Vertrag von Olmütz, November 1850).
Zu den Abgeordneten, die damals in Erfurt geweilt haben, gehörte auch der spätere erste Reichskanzler, Fürst Otto von Bismarck. Er hat während seines Aufenthaltes im Hause Anger 33 gewohnt (das heutige Bismarckhaus ist ein Neubau). Minister von Radowitz nahm nach dem Mißlingen seines Planes den Abschied und verzog nach Erfurt. Er wohnte im Haufe Johannes-straße 59 und liegt auch in Erfurt begraben. König Friedrich Wilhelm Iv. ließ feinem Freunde ein herrliches Grabdenkmal
fetzen, das wir heute noch auf dem Jnnen-Friedhof, nördlich der Trommsdorffstraße, bewundern können. (Nach H. Krnfpe.)
85. Schlacht bei tiangenlalza.
27. 3uni 1866.
Rüstung zum Kampfe: Im Frühling 1866 rüstete Oester-
reich sehr eifrig zum Kriege. Darum befahl auch Kaiser Wilhelm zu Anfang Mai die Kriegsbereitschaft der gesamten preußischen Armee.
Infolgedessen entwickelte sich schon in den ersten Maitagen in Erfurt ein reges, kriegerisches Leben. Die besondere Lage als Festung brachte es mit sich, daß die Stadt sofort in kriegsmäßigen Zustand gesetzt werden mußte. Die Brückenköpfe der Tore wurden verengt und Palisaden (Schanzpfähle) gesetzt. Im Juni wurden sogar nachts die Tore geschlossen und die Zugbrücken hochgezogen. Zuletzt erhielten die Bürger den Befehl, sich für einige Tage mit Lebensmitteln zu versehen.
Abmarsch der Truppen: Mitte Mai rückte die Ersurter
Besatzung nach der sächsischen Grenze ab. Hier sammelte sich die erste Armee, über welche Prinz Friedrich Karl, ein Neffe des
Königs, den Oberbefehl führte. Ein Teil der Befatznng blieb
beim Ersatzbataillon 71 zurück. Wehmütig schauten diese Truppen
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Extrahierte Personennamen: Radowitz Otto_von_Bismarck Otto Radowitz Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm H. Krnfpe Wilhelm Friedrich_Karl Friedrich Karl
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ten _ sie wurden besonders von den Frauen und Mädchen bewundert —, dort üblen sich andere im Schnitzen von allerlei possierlichen Figuren an Windmühlen, Leitern usw. Sie machten ein gutes Geschäft; denn viele der Besucher nahmen eine Kleinigkeit zum Andenken mit. Noch heute sind manche solcher Schnitzereien, auch Malereien und Flechtarbeiten vorhanden, die damals von den Franzosen in ihren unfreiwilligen Mußestunden gefertigt wurden.
Später durften alle Gefangenen in die Stadt. Sie erhielten
Urlaub, um Einkäufe zu erledigen oder um in Werkstätten ihrem
Handwerk nachzugehen. In dieser Zeit bildete sich bei uns jungen eine besondere Liebhaberei aus. Die srauzösischen Soldaten zeigen nämlich die Regimentsnummer nicht ans den Achselklappen, sondern an den Knöpfen des Rockes. In den Besitz solcher Knöpfe zu gelangen, war unser größtes Bestreben. Unser Französisch
wurde durch einige neue Vokabeln: la pomme, le cigare, le bou-
ton ergänzt, und nun war kein Franzose, ich wollte sagen, kein Knopf mehr sicher vor unseren Gelüsten. Wo sich nur ein Gefangener sehen ließ, dessen Rock noch einen glänzenden Knops zeigte, wurde er so lange gequält und durch Vorhallen von „une pomme“ oder „un cigare“ verlockt, bis „le bouton“ in unsern Händen war. Um möglichst vollständig in der Sammlung zu sein, wurde dann ein eifriges Tauschgeschäft betrieben. Hohe Nummern und silberne oder verzierte Knöpfe wurden besonders bewertet.
Der Frühling 1871 zeigte uns die Gefangenen bei einer neuen Beschäftigung. Sie erwiesen sich des öfteren vor unseren Augen als geschickte Froschfänger. Tagtäglich machten sie in den Wallgräben und im Dreienbrunnen Jagd auf die kaum aus dem Winterschlaf erwachten und jetzt den Frühling einsingenden Wasser-patscher; denn Froschschenkel sind den Franzosen eine beliebte Fastenspeise. Angereiht an Weidenruten, ähnlich den Bündeln der Brunnenkresse, trugen sie dann das uns so seltsame Gericht in ihre Behausungen.
Von Anfang April 1871 an verließen die Gefangenen die Stadt. Sie wurden mit der Bahn bis zur Reichsgrenze gebracht, an jedem Tage ungefähr 1500.
c) Einzug der siegreichen üruppen.
Für Sonntag, den 18. Juni 1871, stand der Einzug des 2. Bataillons der 71er bevor. Wie bei den früheren Empfängen^ war auch diesmal ganz Erfurt aufgeregt und begeistert, am begeistertsten aber waren doch wir Jungen.
') Die Landwehr- und die Reserve-Artillerie waren schon im März bezw. zu Anfang April und das 1. u. 2. Bat. der 36 er, die neu nach Erfurt in Garnison kamen, am 10. Juni 1871 zurückgekehrt. Dem 2. Bat. der 71 er folgten die 1. u. 2. leichte Batterie des Magd. Feldart.-Reg. Nr. 4 nach; den Schluß bildete das 71er Füsilierbataillon
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I. Die Französische Revolution.
Schiffe und Kunstgegenstände an Frankreich ausgeliefert waren. Die französische Regierung bildete aus der Lombardei, dem Herzogtum Modena und Teilen des Kirchenstaates die Zisalpinische Republik; Genua wurde zur Ligurischen Republik erklärt. Der Rhein bildete die Grenze gegen Frankreich. Zu Rastatt sollte ein Kongreß zusammentreten, um die Entschädigungen festzusetzen, die die deutschen Fürsten für ihre Verluste auf dem linken Rhein ufer erhalten sollten. Damit war der erste Koalitionskrieg zu Ende.
4. Bonapartes Zug nach Ägypten 1798—1799 und der zweite Koalitionskrieg 1798—1802*
Nach seinen Ruhmestaten in Italien ließ Napolon sich vom Direktorium den Auftrag geben, Ägypten zu erobern. Dieser Feldzug war gegen das meerbeherrschende England gerichtet, obschon Ägypten unter türkischer Oberherrschaft stand wie noch heute. Ägypten ist das Land, das den Handel Europas mit Afrika und Asien vermittelt. Wer Ägypten stark und geschickt beherrscht, beherrscht auch den Handel nach dem Morgenlande. Während der Kreuzzüge hatte sich gezeigt, wie wichtig der Besitz Ägyptens ist. Die Besitzungen in Asien waren nicht zu halten, weil Ägypten nicht in der Hand der Kreuzfahrer war. Deshalb hatte Ludwig Ix. von Frankreich den Gedanken des Papstes Innozenz Iii. verwirklichen wollen, Ägypten zu unterwerfen, um von da aus die Besitzungen in Palästina zu schützen. Sein Plan war nicht gelungen. Leibniz machte später Ludwig Xiv. auf Ägypten aufmerksam. Napoleon nahm den Plan dieser großen Männer auf. Gern gab das Direktorium seine Zustimmung, um den ruhmreichen, beim Heere außerordentlich beliebten Feldherrn möglichst weit von Frankreich und doch im Interesse Frankreichs zu beschäftigen. Man fürchtete damals schon eine Militärdiktatur. Um die Engländer zu täuschen, ließ Bonaparte in den französischen Nordseehäfen umfangreiche Schiffsbauten herstellen, als habe er eine Landung'an der englischen Küste im Sinne. Unerwartet ging die französische Flotte im Mai 1798 zu Toulon unter Segel, nahm die Insel Malta, die von Kaiser Karl V. dem Johanniterorden überwiesen worden war, landete bei Alexandrien, siegte bei den Pyramiden und zog in Kairo ein. Unterdessen wurde seine Flotte bei Abukir von dem englischen Admiral Nelson geschlagen. Die Türkei hatte wegen des Einfalls in Ägypten Frankreich den Krieg erklärt und rüstete in Syrien zu einem Gegenangriff. Deshalb zog Bonaparte nach Syrien, nahm Jaffa und belagerte Acre; kehrte dann nach Ägypten zurück, weil die Bevölkerung sich gegen die französische Herrschaft empörte. Bei Abukir, wo ein türkisches Heer auf englischen Schiffen gelandet war, stellte er die französische Waffenehre durch Vernichtung des türkischen Heeres wieder her.
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Extrahierte Personennamen: Ludwig_Ix Ludwig Innozenz_Iii Leibniz Ludwig_Xiv Ludwig Napoleon Karl_V. Karl_V. Admiral_Nelson
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Lombardei Modena Zisalpinische_Republik Genua Ligurischen_Republik Rhein Frankreich Rastatt Rhein Italien England Europas Afrika Asien Asien Frankreich Palästina Frankreich Frankreichs Toulon Malta Kairo Frankreich Syrien Syrien Jaffa
5. Das Konsulat.
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Inzwischen hatte sich auf Betreiben Rußlands in Europa eine zweite Koalition gegen Frankreich gebildet, der England, die Türkei, Österreich und die italienischen Staaten beigetreten waren. Veranlassung zur Bildung dieser Koalition waren für England und die Türkei der Einfall in Ägypten, für Rußland die Besitzergreifung Maltas — der Kaiser von Rußland war Schutzherr des Johanniter-Malteserordens —, für Österreich und die italienischen Staaten das Vorgehen der Franzosen in der Schweiz und in Italien. Von der Schweiz hatte das Direktorium den Kanton Gens zu einem französischen Departement und die übrigen Kantone zu einer Helvetischen Republik erklärt, in Italien den Kirchenstaat zu einer Römischen Republik, das Königreich Neapel zur Parthenopeischen Republik umgestaltet. Diese Republiken, wie auch die früher gegründeten, waren abhängig von Frankreich. Papst Pius Vi. wurde nach Frankreich gebracht; der König von Neapel war nach Sizilien geflohen. Bei der Benennung der neuen Republiken griff man auf das klassische Altertum zurück; Helvetia ist der lateinische Name für die Schweiz, Parthenope der älteste Name für Neapel. Die französischen Heere unterlagen meist den Heeren der Koalitionsmächte. In Süddeutschland drängte Erzherzog Karl von Österreich das französische Heer über den Rhein zurück, in Italien stürzten Österreicher und Russen bereinigt die neuen Republiken, in der Schweiz kämpften Österreicher und Russen mit wechselndem Erfolg. Der Versuch Englands und Rußlands, die Batavische Republik zu erobern, mißlang.
Bonaparte erhielt in Ägypten von diesen Vorgängen Kunde. Dazu kamen Nachrichten von der Mißwirtschaft und der Geldnot des Direktoriums im Innern Frankreichs. Rasch war sein Entschluß gefaßt, nach Europa zurückzukehren. Den General Kleber, aus Straßburg gebürtig, beauftragte er mit der Verwaltung Ägyptens und landete im Oktober 1799 in Frankreich ; Kleber wurde von einem Mohammedaner ermordet. Die Eroberung Ägyptens wurde aufgegeben, das französische Heer kehrte 1800 auf englischen Schiffen nach Frankreich zurück.
Der Zug nach Ägypten hatte in wissenschaftlicher Beziehung großem Erfolg als in politischer. Im Gefolge Napoleons waren namhafte Gelehrte, die unter dem Schutze der französischen Waffen die Tier- und Pflanzenwelt, die geographischen Eigentümlichkeiten, die Bauart und Technik des alten Pharaonenlandes studierten und vor allem sich mit der Entzifferung der Hieroglyphen befaßten. Dadurch ist die Staats- und Kulturgeschichte des ägyptischen Altertums bis in die Einzelheiten aufgedeckt worden.
5. Das Konsulat.
Innere Umgestaltung. Durch die Bestechlichkeit der Beamten und die unglückliche Kriegführung gegen die Heere der zweiten Koalition war das Direktorium in Frankreich so mißliebig geworden, daß General
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Extrahierte Personennamen: Karl_von_Österreich Karl Napoleons
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4. Überblick über die europäischen Großstaaten.
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stände war fast jede Beteiligung am Politischen Leben durch die Ordonnanzen unmöglich gemacht. Des Königs sester Wille war, nicht nachzugeben. „Die Zugeständnisse", sagte er, „haben Ludwig Xvi. zu Fall gebracht; mir bleibt die Wahl, entweder mein Pferd oder den Karren zu besteigen."
Der Widerstand gegen des Königs Verordnungen wurde bald allgemein. In der Nacht vom 27. zum 28. Juli organisierte sich unter Beteiligung von Arbeitern und eines Teiles der Nationalgarde der Aufstand. Während eines mörderischen Straßenkampfes am 28. Juli schlossen sich mehrere Regimenter den Aufständischen an. Die Hauptstadt war für den König verloren. Zu spät suchte der König einzulenken. Als er am 29. Juli die Ordonnanzen zurücknahm, war bereits eine vorläufige Regierung im Stadthause eingesetzt. Der Herzog Louis Philipp von Orleans wurde zum König ausgerufen. Karl X. starb 1836 zu Görz.
(S)ic Trennung Belgiens von Holland 1830. Der Wiener Kongreß hatte Belgien und Holland zu einem Königreich vereinigt und Wilhelm von Oranien zum König eingesetzt. Die Vereinigung hatte keinen Bestand; denn die Verschiedenheit in Religion, Sprache und Erwerbsleben bildete zwischen Belgiern und Holländern eine tiefe Kluft. In Belgien war das katholische, in Holland das reformierte Bekenntnis vorherrschend. Die holländische oder niederländische Sprache ist eine niederfränkische Mundart, gehört also zum germanischen Sprachstamme, während in Belgien sich allmählich die französische Sprache eingebürgert hat und in Südbelgien noch das Wallonische, ein Gemisch von romanischen und keltischen Sprachelementen, gesprochen wird. Die Bewohner Belgiens sind neben Ackerbau hauptsächlich auf Industrie angewiesen; die Holländer treiben vorzugsweise Handel, Schiffahrt und Viehzucht.
Die Holländer betrachteten sich nach 1815 als die Herren und nahmen auf die Eigenart des belgischen Volkes keine Rücksicht. Die Mehrzahl der Beamten waren Holländer; der König und die obersten Verwaltungsbehörden hatten ihren Sitz in Holland.
Die französische Julirevolution gab Anlaß zur Erhebung; man erstrebte nicht Verständigung, sondern Trennung. Am Abend des 25. August begann in Brüssel der Aufstand, der sich bald über das ganze Land verbreitete. Nur wenige Festungen, darunter Antwerpen, konnten die Holländer halten. Als auch diese Festung von den Aufständischen genommen wurde, erklärte der Nationalkongreß die Unabhängigkeit Belgiens und den Ausschluß des Hauses Oranien von der belgischen Thronfolge.
Ein Kongreß der Großmächte in London bestätigte die Trennung und ordnete die Grenzen. Ein Verwandter des englischen Königshauses, Prinz Leopold von Sachsen -Koburg, erhielt mit Zustimmung des belgischen Volkes die belgische Königskrone.
Die getrennten Gebiete. Belgien. Leopold I. regierte von 1831—1865. Dadurch, daß er dem Lande eine freisinnige Verfassung gab und eine
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